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„Intelligente Lösungen finden“

INTERVIEW: Pico Fritz, Trainer des VfR Wellensiek, freut sich auf den zweiten Landesliga-Anlauf

Bielefeld. Er ist der Dinosaurier unter den Bielefelder Fußballtrainern. Rolf Fritz, den sie alle nur „Pico“ rufen, steht mit gerade mal 54 Lenzen schon seit über 30 Jahren an der Seitenlinie – und das ausschließlich beim VfR Wellensiek. Die erste Mannschaft seines Leib- und Magenverein, für den er auch als Spieler aktiv war, betreute Fritz von 1986 bis 1996, von 1998 bis 2004 und im dritten Anlauf von 2010 bis heute. Mit dem Coach, der am Sonntag mit den Wellensiekern den Aufstieg in die Landesliga feiern konnte, sprach Sportredakteur Hans-Joachim Kaspers.

Hallo Pico, haben Sie die Feierlichkeiten gut überstanden?

PICO FRITZ: Klar habe ich ein paar Bierchen getrunken, musste mich aber wegen der Nachwirkungen einer langwierigen Grippe ein bisschen zurückhalten. Wir hatten gemeinsam mit dem Vorstand, einigen Sponsoren und Fans eine richtig schöne spontane Feier in unserem Sportheim. Die Stimmung war wirklich überragend.

Jupp Heynckes hat am Wochenende nach 15 Jahren zum zweiten Mal die Champions League gewonnen, Sie sind nach 1987 jetzt zum zweiten Mal mit dem VfR Wellensiek in die Landesliga aufgestiegen – zwei Trainer-Legenden lassen grüßen . . .

FRITZ: Na ja, ich bin nicht so vermessen, mich mit Jupp Heynckes, den ich sehr hoch schätze, auf eine Stufe stellen zu wollen. Aber okay: Es ist sicher schon etwas Besonderes, wenn du nach so langer Zeit mit dem gleichen Verein, dem du immer die Treue gehalten hast, noch einmal etwas so Tolles schaffst. Kontinuität ist eben eine ganz besondere Tugend beim VfR Wellensiek.

Was war ausschlaggebend dafür, dass der VfR in dieser Saison so erfolgreich war?

FRITZ: Die unglaubliche Ausgeglichenheit und die Größe unseres Kaders. Wir waren immer in der Lage, Ausfälle aufgrund von Verletzungen, Formkrisen oder Urlaub zu kompensieren. Und wir hatten – angefangen von zwei überragenden Torhütern über eine stabile Abwehr und ein flexibles Mittelfeld bis zu unserem überragenden Angreifer Rahman Fazlijevic – eine tolle Truppe zusammen. Noch ein Wort zu Rahman: Für mich ist er der bester Spieler der Bezirksliga, und das nicht nur wegen der über 40 Scorer-Punkte, die er sich im Lauf der Saison verdient hat.

Welche Rolle können Sie mit Ihrer Mannschaft in der Landesliga spielen?

FRITZ: Das ist jetzt natürlich eine Menge Spekulation. Da ich die Klasse ein bisschen kenne, weil wir ja immer wieder Testspiele gegen Landesligisten machen, weiß ich natürlich, dass das eine andere Hausnummer als die Bezirksliga ist. Wenn wir aber alle noch eine Schippe drauflegen, sollte ein einstelliger Tabellenplatz möglich sein.

Gibt es Verstärkungen?

FRITZ: Grundsätzlich vertrauen mein Co-Trainer Rafael Wartanian, der übrigens eine Riesen-Hilfe für mich ist, der Truppe, die den Aufstieg geschafft hat. Mit Alban Shabani von SW Marienfeld, der in dieser Serie auch seine 20 Tore geschossen hat, bekommen wir einen Top-Stürmer und eine gute Ergänzung zu Rahman Fazlijevic dazu. Außerdem haben wir Mark Neumann (Theesen II) und Michael Tischbierek (Hillegossen) verpflichtet und werden zudem einige talentierte A-Junioren einbauen.

Zuletzt spielte der VfR von 1987 bis 1995 acht Jahre unter Ihrer Regie in der Landesliga. Wie lange haben Sie diesmal vor, in dieser Klasse zu bleiben?

FRITZ: Ich bin froh und stolz über jedes Jahr, das wir schaffen. Denn die Landesliga ist für unseren Klub, den ich vom Umfeld her – also vor allem von den finanziellen Möglichkeiten – doch eher der Bezirksliga zuordnen würde, das höchste der Gefühle. Andere Vereine haben da sicher mehr Gestaltungsspielraum. In dieser Klasse müssen wir wie der FC Augsburg oder der SC Freiburg in der Bundesliga kreativ sein und immer nach intelligenten Lösungen suchen, um drinzubleiben.

Kann sich ein Pico Fritz ein Leben ohne den VfR Wellensiek vorstellen – und wie ist es umgekehrt?

FRITZ: Wie man das von der Vereinsseite aus sieht, weiß ich nicht – obwohl ich natürlich schon mitbekomme, dass man meine Arbeit schätzt. Ich möchte das jedenfalls noch ein paar Jahre machen, auch wenn ich nicht jünger werde. Aber ich bin halt mit Leib und Seele Wellensieker, habe ja neben dem Traineramt noch einen Vorstandsposten inne und kümmere mich außerdem noch jedes Jahr um unser großes Fußballcamp. Einige Dinge würde ich ganz gerne delegieren, aber der Trainerjob reizt mich nach wie vor – vor allem natürlich jetzt nach dem Aufstieg. Ihr werdet es also noch eine Zeit lang mit mir aushalten müssen!
Immer gut bemützt: Pico Fritz, der sich in den vergangenen Wochen mit einer hartnäckigen Grippe herumschlug, schaffte am Sonntag mit dem VfR Wellensiek zum zweiten Mal nach 1987 den Aufstieg in die Landesliga. FOTO: ANDREAS ZOBE

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01 - Bielefeld West, Dienstag 28. Mai 2013