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Ein Amt kommt selten allein

SPORTLER IM EHRENAMT Kadri Bekteshi engagiert sich für die Integration von Migranten

Dank auch an die Familie: Kadri Bekteshi, hier mit seiner Frau Elvira, Sohn Kreshnik und Tochter Aurora im Park an der Kunsthalle Bielefeld, ist Ehrenamtler durch und durch. Foto: Blumenstein

VON CARSTEN BLUMENSTEIN

Bielefeld. Bei Kadri Bekteshi können sich viele Leute bedanken. Einige tun dies auch. Doch der 50-Jährige bedankt sich lieber selber. Bei den Menschen in Deutschland, speziell in Bielefeld. Vor allem aber bei seiner Familie, denn die hat der Multi-Ehrenamtler in den vergangenen Jahren oft alleine gelassen.

Bekteshi ist in Sachen Ehrenamt viel unterwegs. Er ist Mediator im Fußballkreis, hilft Flüchtlingen im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes, leitet ehrenamtlich eine Fußball-AG für Schüler mit Migrationshintergrund an der Brodhagenschule und ist seit kurzem auch noch Schöffe am Amtsgericht Bielefeld. "Ich habe Deutschland sehr viel zu verdanken, deshalb möchte ich mich engagieren, um eine Menge zurückzugeben. Ohne die Familie geht es aber nicht", sagt Bekteshi, der seit 1992 in der Bundesrepublik lebt.

Bekteshi kommt aus dem Kosovo, hat in Sarajewo Tourismus und Wirtschaft studiert. Kurz vor dem Ausbruch des Jugoslawienkrieges 1991 hat er sein Diplom gemacht. Dann ging es nach Deutschland, wo er gleich sein erstes Ehrenamt antrat. "Ich habe beim Roten Kreuz anderen Flüchtlingen sprachliche Hilfen gegeben", sagt das Sprachtalent.

Bekteshi spricht Serbisch, Kroatisch, Albanisch, Mazedonisch, Englisch und ein bisschen Italienisch. Und natürlich Deutsch. Seit seiner Jugend ist er Deutschland-Fan, seit 2005 hat er auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Noch heute ist er für das DRK aktiv, hilft vor allem Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien.

"Das Ehrenamt ist für mich ein ganz wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Das war vor 20 Jahren so und so ist ist es heute", erklärt Bekteshi. "Als Zuwanderer habe ich nun vier Ehrenämter gleichzeitig, das macht mir so schnell keiner nach."

Bekteshi, der zu Beginn seiner Zeit in Deutschland beim TuS Jöllenbeck in der Landesliga, beim TuS Ost, beim TuS Hoberge-Uerentrup und beim KF Kosovo Fußball gespielt hat, appelliert an alle Menschen in Deutschland, auch an Migranten: "Engagiert euch ehrenamtlich. Man bekommt durch das Ehrenamt viel geschenkt und man kann viel zurückgeben."

Bekteshi ist Mitglied beim VfR Wellensiek, seine ehrenamtlichen Tätigkeiten sind aber unabhängig von Vereinen. "Wichtig ist mir die Kommunikation mit dem Menschen", sagt er. Er möchte Menschen aus allen Ländern dazu anstiften, mehr miteinander zu reden. "Das ist auch die Formel für eine erfolgreiche Integration von Migranten." Sein Rezept für die Eingliederung in eine fremde Gesellschaft: häusliche Arbeit, Erziehung und viel Bildung.

Auch beruflich ist für Bekteshi jeder Tag spannend. Seit 1994 arbeitet er für die Stadt Bielefeld, seit sechs Jahren ist er nun Sachbearbeiter in der Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachung. "Ich bin der Erste, der die Bilder sieht, wenn Autofahrer auf der Autobahn am Bielefelder Berg zu schnell gefahren sind", erklärt Bekteshi. "Die Vorgänge werden bei mir erfasst, danach gehen sie weiter an die Bußgeldstelle."

Die Leidenschaft von Kadri Bekteshi ist aber das Ehrenamt. Neben der Familie natürlich. "Das Ehrenamt ist meine zweite Heimat, manchmal sogar die erste", sagt Bekteshi, dem auch noch Stiftungsprojekte wichtig sind. "OWL zeigt Herz und die Bielefelder Bürgerstiftung - die liegen mir am Herzen", erklärt er. "Da wirken viele Menschen wie Thorsten Brummel, Klaus Honsel, Bettina Seidensticker und Anja Böllhoff, die sich engagieren und von denen ich eine Menge lernen konnte." Auch bei der Stadt gibt es einen Beamten, dem er viel zu verdanken und mit dem er zusammen gearbeitet hat. "Ulrich Gaesing aus dem Vermessungsamt hat mich immer unterstützt, ich habe ihm bei der Organisation der Fußballturniere zugunsten eines Kinderhilfsprojekts geholfen", sagt ein dankbarer Bekteshi.

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01 - Bielefeld West, Mittwoch 23. Juli 2014